70 Jahre Rettungsdienst Feuerwehr Hamburg

Freitag, 8. April 2016

70 Jahre Rettungsdienst Feuerwehr Hamburg

Am 01.04.2016 jährte sich zum 70. Mal der Tag, an dem die Feuerwehr Hamburg den Rettungsdienst übernommen hat. Grund genug für uns einen kleinen Rückblick auf die ersten Jahrzehnte zu unternehmen.

Am 12. Oktober 1945, also knapp 5 Monate nach Ende des 2. Weltkrieges, erhielt die Leitung der Feuerwehr Hamburg vom zuständigen Aufsichtsoffizier der britischen Militärregierung die Weisung zum 01. April 1946 das Krankentransportwesen zu übernehmen. Am 16. November 1945 erhält die Feuerwehr zusätzlich die Weisung in Zukunft auch einen „Krankentransport für Straßenunfälle“ mit „Unfallwagen“ einzurichten.

Der Feuerwehr, gerade erst wieder aus der Feuerschutzpolizei herausgelöst, ist zu diesem Zeitpunkt intensiv damit beschäftigt den Brandschutzdienst mit dem vorhandenen, größtenteils abgenutzten Fahrzeugpark wieder in Gang zu bringen, hat also nun knapp 4 Monate Zeit, um den Krankentransport vom Deutschen Roten Kreuz zu übernehmen und einen „Unfalldienst“ aufzubauen. In dieser knappen Zeit müssen die organisatorischen, personellen und technischen Voraussetzungen geschaffen werden.

Vom DRK erhält die Feuerwehr, die bis dahin über keinerlei Rettungsdienstfahrzeuge verfügt, 54 Fahrzeuge und Anhänger, die sich größtenteils in einem desolaten Zustand befinden. Die nächsten Wochen verbringt man damit, möglichst viele Krankenwagen wieder einsatzbereit zu bekommen - kein leichtes Unterfangen in diesen schweren Zeiten ohne passende Ersatzteile. In den ersten Jahren nach dem Krieg herrscht ja die „Tauschwirtschaft“, was die Beschaffung nicht einfacher macht.

Phänomen Granit aus Wehrmachts-Beständen

Aber auch die organisatorischen Grundlagen müssen geschaffen werden: Das Krankentransportwesen, bezeichnet nun als Abteilung VI, muss in das Feuerwehramt integriert werden und auch räumlich untergebracht werden. Viele Gebäude der Feuerwehr sind teilweise oder komplett zerstört oder von den Briten beschlagnahmt worden - aber auch das gelingt: Die Krankentransportleitung und der Bettennachweis der Gesundheitsbehörde werden an der Feuerwache Barmbek in der Bachstraße untergebracht. Das Einsatzpersonal und die Fahrzeuge werden auf drei Krankentransportwachen verteilt: Im Westen Hamburgs in der Feuerwache Quickbornstraße, im Osten in der Feuerwache Bachstraße und im Süden in der Marthastraße, nahe der Feuerwache Harburg. Außerdem werden je ein Krankenwagen an den (Behelfs-) Feuerwachen Berliner Tor und Finkenwerder als „Krankentransportstellen“ stationiert. An 5 Feuerwachen werden zusätzlich „Unfallwagen“ stationiert, allerdings sind Straßenunfälle in der Anfangszeit eine eher seltene Einsatzart, die meisten anfallenden Einsätze werden über den Krankentransportdienst abgewickelt.

Als der Krankentransportwesen am 01. April 1946 den Dienst aufnimmt wird schnell klar, dass die Anzahl der einsatzbreiten Fahrzeuge bei weitem nicht ausreicht. So werden im Mai 1946 vom Autoruf für Sitztransporte 20 Taxen übernommen. Auch die britische Militärregierung hilft mit Armee-Lastwagen aus alliierter Produktion aus. Auch können aus den Beständen der ehemaligen Wehrmacht einige „Behelfs-Krankenwagen“ „organisiert“ werden. Zum 31.12.1946 befinden sich immerhin 69 Krankenfahrzeuge im Bestand der Feuerwehr. Während der aktuelle Bestand an Rettungsdienstfahrzeugen (bis auf die NEF) ausschließlich auf Fahrgestellen von Mercedes-Benz basiert, hat man damals 19 verschiedene Fahrzeugmodelle von 11 Herstellern, darunter Marken wie Adler, Austin, Borgward, Opel und Steyr, fast alle mit Laufleitungen von über 100.000 Kilometern, im Bestand!

Nach den ersten 12 Monaten konnte man eine erste Bilanz ziehen: Es wurden bei 53.349 Transportfahrten 73.473 Personen in Krankenhäuser, die teilweise weit außerhalb des zerstörten Hamburgs liegen, befördert. Dazu wurden monatlich über 100.000 km zurückgelegt.

In der Anfangszeit wurde der Krankentransport in dem auch für Feuerwehrdienst damals üblichen 24-stündigen Wechseldienst durchgeführt, allerdings führte die hohe Beanspruchung der im Krankentransport eingesetzten Feuerwehrbeamten dazu, dass ein dreiteiliger Dienst eingeführt wurde, der aus 12 Stunden Dienst und 24 Stunden Freizeit bestand.

Auch die technischen Zustände der Fahrzeuge bereiteten nach wie vor Sorgen, teilweise mussten Ersatzteile aus ganz Deutschland zusammen gesucht werden. Die Werkstätten vollbringen teilweise Wunder, um die Fahrzeuge einsatzbereit zu halten.

Im April 1947 können dann erstmals sieben fabrikneue Krankentransportwagen auf Mercedes-Benz 170 V und zwei Mehrtragen-Krankenwagen auf Opel Blitz 2,5 l in Dienst gestellt werden.

Am 20. Juni 1948 folgen dann die Währungsreform und die Ablösung der Reichsmark durch die Deutsche Mark. Dieses macht jetzt wieder planmäßige Beschaffungen möglich.

Als die Kriegsschäden an der Feuerwache in der Glacischaussee beseitigt sind, ziehen im August 1952 das Krankentransportwesen, die Krankentransportwache West und der Bettennachweis dort hin um. 27 Ein- und Mehrtragen-Krankentransportwagen sind nun hier stationiert. Je 3 Fahrzeuge stehen an den beiden Außenstellen in Bergedorf und Harburg. 1954 werden auch die Fahrzeuge der Krankentransportwache Ost in die nun in Krankentransportzentrale umbenannte Wache Glacischaussee verlagert, 1955 folgt dann die Umbenennung in Krankentransportwache Millerntor.

Mittlerweile sind auch, bedingt durch die deutlich steigenden Zahlen im Unfalldienst, an allen Wachen mindestens 2 Unfallwagen stationiert, in den Randgebieten werden Außenstellen eingerichtet, so 1961 eine Unfallwagen-Außenstelle in Sasel und zwei Sonderunfallwagen in Rahlstedt (1966) und in Neugraben (1967), betrieben von der Unfallwacht e.V. in Kooperation mit DRK und MHD.

Zum 01. Oktober 1968 folgt dann der erste arztbesetzte Unfallwagen, der Vorläufer des Notarztwagens, am AK St. Georg. Dieses Fahrzeug ist anfänglich täglich von 8:00 bis 18:00 Uhr im Dienst. Zum 01.09.1969 erfolgt dann die Zusammenlegung der Bereiche „Krankenbeförderung“ und „Unfallhilfsdienst“ zum „Rettungsdienst". Die Dienstzeit der Krankenbeförderung ist nun von Montag bis Freitag von 7:30 bis 19:30 Uhr und Samstag von 7:30 bis 18:30 Uhr.

Zum 01. April 1970 wird der Rettungsdienst in Rahlstedt und Süderelbe durch die Feuerwehr übernommen.

Ab 1971 wird dann schrittweise damit begonnen die HIORGs (1971: DRK und MHD, 1973 ASB und JUH) in die Krankenbeförderung zu integrieren, anfangs noch über deren eigene Leitstellen, ab 1975 dann über eine gemeinsame Leitstelle der HIORGs, angesiedelt beim DRK. 1972 wird dann auch der bis dahin von der Feuerwehr für die Polizei betreute Leichentransport an private Unternehmen übergeben.

Am 16.07.1973 folgt am Bundeswehrkrankenhaus Hamburg-Wandsbek die Indienststellung des SAR 71, uns allen bekannt durch die ZDF-Serie „Die Rettungsflieger“, im Februar 1974 folgt auch die Indienststellung eines NAW am Bundeswehrkrankenhaus, beides dispositioniert über die Einsatzzentrale der Feuerwehr.

Zum 01. Januar 1990 wird die Rettungswache Millerntor geschlossen, an diesem Tag endet damit dann die knapp 44 Jahre lange Ära der Krankenbeförderung durch die Feuerwehr.

Damit wollen wir dann auch unseren Rückblick auf 70 Jahren Rettungsdienst bei der Feuerwehr Hamburg schließen, aber nicht ohne darauf hinzuweisen das Ihr bei uns in der Galerie fast alle Generationen von Krankenwagen, Mehrtragen-KTW, Unfallwagen, Rettungswagen, Notarztfahrzeugen und Sonderfahrzeugen des Rettungsdienstes findet- also viel Spaß beim Stöbern.

Text: Heiner Lahmann

Bilder: Archiv Hamburger Feuerwehrhistoriker e.V.

Quellen:

Manfred Gihl – Feuerwehr Hamburg Eins-Eins-Zwo (ISBN 3-88776-095-6)

Archiv Hamburger Feuerwehrhistoriker e.V.


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